Bad Cannstatt

Mondlöscher, Sauerwasser, Wasen, Zoo und Autos: Immer was los…
Das wird jetzt ein ziemlich langer Beitrag aber Bad Cannstatt ist auch einer der ältesten, größten und malerischsten Stadtteile Stuttgarts. Was heisst hier im Übrigen «Stadtteil» — Canstatt wurde vereinigt, aber nicht eingemeindet.
Das Wappen zeigt — wie sollte es anders sein — eine Kupferkanne.
Scherzhaft ist auch heute noch anstatt der korrekten Bezeichnung «Stuttgart-​Bad Cannstatt» von «Stuttgart bei Cannstatt» die Rede, da die Landeshauptstadt auf der anderen Seite des Neckars erst wesentlich später gegründet wurde.
Bereits in der letzten Eiszeit wurde der Steinbruch am Seelberg von Mammutjägern als Lagerstätte genutzt und noch vor den Römern waren die Kelten angesiedelt. Die Römer errichteten im Ortsteil Hallschlag ein Reiterkastell in dem eine der stärksten römischen Militäreinheiten lag. Auch als Zivilsiedlung war Cannstatt eine der größten römischen Städte im heutigen Baden-​Württemberg und soll sogar Regierungssitz gewesen sein.
Wo der Name nun genau herkommt, kann keiner mehr sagen, ob von den Kelten, Römern oder den Alamannen, die im 7. Jahrhundert einfielen und die Römer verjagten. Cannstatt wurde im Jahre 700 in einer Schenkungsurkunde an das Kloster St. Gallen (nein, diesmal nicht Bebenhausen!) erstmals urkundlich erwähnt und als Canstat ad Neccarum bezeichnet. Als im Jahr 746 Karl Martells Sohn beim «cannstatter bluthgericht» kurz und schmerzhaft fast die ganze Führungsschicht der Alamannen entsorgte, übernahmen die Karolinger die wegen der günstigen Lage direkt am Neckar aufblühenden Siedlung, die 1330 zur Stadt erhoben wurde. An den Hängen wuchs der Wein (z.B. der unerwartet trockene «Cannstatter Zuckerle»), im Tale die Siedlung. 1730 wurde der Hafen am Mühlgrün eingeweiht, der Neckar war nun schiffbar und prompt ging erst recht wirtschaftlich die Post ab.
Wenn man in den Neckar schaut, kann man immer wieder Blasen von Mineralwasser im Fluß aufsteigen sehen, denn Bad Cannstatt besitzt das zweitgrößte Mineralwasservorkommen Europas. Die Mineralquellen in Stuttgart-​Bad Cannstatt und Berg waren schon den Römern bekannt. Die «Cannstatter Kur» — noch heute existent — zog seit dem 18. Jahrhundert prominente Gäste wie Balzac an. An mehreren öffentlichen Brunnen kann man sich das Mineralwasser kostenlos abzapfen. Es schmeckt allerdings so gesund wie es ist! (der Name Sauerwasserstadt kommt nicht von ungefähr)
Cannstatt wurde schnell zum Technikstandort: 1845 fuhr die erste Eisenbahn nach Untertürkheim. Der Reitwagen von Gottlieb Daimler fuhr 1885 als erstes Motorrad der Welt durch Cannstatt, 1886 die Motorkutsche nach Untertürkheim und, kein Jahr später ließ Daimler die erste motorisierte Straßenbahn der Welt zwischen Kursaal und Wilhelmsplatz verkehren und 1888 flog sein motorisiertes Luftschiff von Cannstatt nach Kornwestheim.
1905 wurde die Oberamtsstadt Cannstatt mit der Residenzstadt Stuttgart vereinigt. 1933 erhält der Stadtbezirk Cannstatt den offiziellen Titel Bad Cannstatt.
Abgesehen vom Botanisch-​Zoologischen Garten Wilhelma, den Mineralquellen und Kurbetrieben ist Bad Cannstatt bekannt für den Cannstatter Wasen, die Mercedes-​Benz Arena (des derzeit heftig glücklosen VfB Stuttgart), Hanns-​Martin-​Schleyer-​Halle und Porsche-​Arena. Im Februar 2006 öffnete das Einkaufszentrum Cannstatter Carré mit 40 Geschäften. Dennoch ist Bad Cannstatt streckenweise noch sehr malerisch mit kleinen Gassen, Fachwerk, kleinen Läden, altehrwürdigen Gastwirtschaften, Weinstuben und Kneipen und so weiter.
Im Fasching gibts es neben dem historischen «Kübelesmarktrennen», wo Promis in einer Art Seifenkistenrennen über den Markt gejagt werden und den großen Umzügen auch eine Blaskapelle, die durch alle Kneipen zieht — Ende ist erst gegen 2 Uhr für die Trinkfestesten darunter, denn in jeder Weinstube und Kneipe — es gibt in Cannstatt wirklich viele! — gibt der Wirt traditionell jedem Bläser ein Getränk aus…
Jedes Jahr machen die Stuttgarter Italiener und die deutschen Katholiken eine Karfreitagsprozession, ein Mordsspektakel mit über 5000 Zuschauern. Mit viel Darstellern und namhaftem Klerus — dem die Darbietungen eines starken Dutzends der zu diesem Zwecke von evangelischen Posaunenchören «entliehenen» Blechbläser in die Ohren klingen– und mit einem Trommler als «Schrittmacher» zieht man hinauf zum Kursaal, mit verschiedenen Spielstationen in historischen Gewändern dazwischen. Im Kurpark schließlich lasse sich drei Protagonisten fast eine Viertelstunde lang ans Kreuz hängen — wobei schon mal einer notärztlich versorgt werden mußte, weil im Lendenschurz bei Regen und Wind und mal gerade 7 Grad plus… nunja, ich schätze, so viel kann er gar nicht gesündigt haben…
Den Spitznamen Mondlöscher (inzwischen zur Fasnets-​Maske umgesetzt) haben die Cannstatter weg, seit einer wahren Ortsbegebenheit am Ostersamstag 1887. Zu der Zeit hatten die Cannstatter Bürger eine freiwillige Feuerwehr ins Leben gerufen. An jenem