Der Name dieses Platzes verrät, dass sich hier einmal ein Schloss befunden hat. Ein Schloss in Altenkirchen? Das können sich viele nicht vorstellen. Bei der Erwähnung eines Schlosses denken wohl die meisten Westerwälder zunächst einmal an das unweit gelegene Hachenburg, welches zurecht von manchen als«Perle des Westerwaldes» beschrieben wird und dessen Wahrzeichen das Hachenburger Schloss ist. Doch tatsächllich befand sich in Altenkirchen ein Schloss. Es war eine der Residenzen der Grafen von Sayn und muss, alten Bilder zufolge recht schön gewesen sein. Leider hatte es, wie man hört, für die Saynschen Grafen keine große Bedeutung und wurde nicht immer optimal gepflegt. Schließlich wurde es Mitte des 19. Jahrhunderts zum Abbruch verkauft. Es blieben danach nur noch einige wenige Reste. Sie könnten heute davon zeugen, wie schön der Schlossplatz einmal gewesen sein muss. Doch dies verhinderte der Zweite Weltkrieg. Altenkirchen wurde nahezu total zerstört. Die wenigen Reste des Schlosses fielen den Bomben zum Opfer. Offensichtlich fehlte es in Altenkirchen nach dem Krieg entweder an historischem Verständnis oder an den finanziellen Mitteln(oder an beidem): Jedenfalls wurde — im Gegensatz zu so vielen anderen Städten — darauf verzichtet, irgendetwas wiederaufzubauen oder zu erhalten. So verlor der Schlossplatz für immer etwas, was von der langen Geschichte Altenkirchens hätte erzählen können. Zwar wurde der Platz Anfang der 1990er Jahre stark umgestaltet und an die Fußgängerzone angeschlossen, doch verpasste man irgendwie dabei, ihm Leben und Atmosphäre einzuhauchen. Heute wird das Bild des Schlossplatzes architektonisch von zwei Banken dominiert. Dabei verleiht vor allem der graue und wuchtige Bau der Kreissparkasse dem Platz einen Charakter, der leider als äußerst uncharmant bezeichnet werden muss. In Relation zur Größe des Platzes gibt es dort meines Erachtens zu wenige Geschäfte und Cafés(an letzterem fehlt es dem Platz seit einiger Zeit komplett). Dadurch wirkt der Platz ganz oft unbelebt. Und wenn die Kreissparkasse geschlossen hat, also an den Abenden und Wochenenden, hat er schon etwas Gespenstisches, ja klinisch Totes. Unglücklich finde ich auch, dass man den beiden großen Banken seiner Zeit erlaubte, die Kirche derart zuzubauen, dass man sie, je nach dem, wo man steht, fast nicht mehr sehen kann, obwohl sie ja eigentlich auch ein Bestandteil des Schlossplatzes ist. Doch anstatt zum Eyecatcher zu werden, fristet sie schon seit langem ein trauriges Statistendasein im übermächtigen Schatten der Banken. So kann man der Sterilität des Schlossplatzes vorerst wohl nur entgegenwirken, indem man ihn bei Festen und anderen Großveranstaltungen zu dem macht, was er doch eigentlich ohnehin sein müsste: zum Zentrum allen Geschehens. Das tut man zuweilen auch. So ist der Platz immer recht gut gefüllt, wenn in Altenkirchen gefeiert wird, wie z.B. bei der«Toskanischen Nacht», die jährlich im Sommer stattfindet. Plätze sollen ja immer auch Treffpunkte sein, Zentren des kulturellen Lebens von Städten. Dies ist den Stadtplanern mit dem Erbauen des heutigen Schlossplatzes meiner Meinung nach überhaupt nicht gelungen. Vielmehr scheint mir dieser Rolle der viel kleinere Marktplatz im Herzen der Altenkirchener Fußgängerzone gerecht zu werden.